Krise, Kritik und Zukunft des Sozialstaats

Krise, Kritik und Zukunft des Sozialstaats

Krise, Kritik und Zukunft des Sozialstaats 724 1024 Susann Schmeisser

Im Rahmen der Reihe „Critical Theory in Context“ (Lehrstuhl für Sozialphilosophie/Center for Humanities and Social Change, HU Berlin) diskutieren Claus Offe (Professor Emeritus of Political Sociology an der Hertie School of Governance) und Stephan Lessenich (Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München) Fragen nach der Krise, Kritik und Zukunft des Sozialstaates. Die Veranstaltung findet am 09.01.2019 von 18-21 Uhr in der Vierten Welt statt, der Eintritt ist frei.

Berlin, 9. Januar 2019: Krise, Kritik und Zukunft des Sozialstaats.

Der Sozialstaat bildet in institutioneller und normativer Hinsicht ein zentrales Element moderner westlicher Gesellschaften. Seine Herausbildung stellte historisch betrachtet einen enormen sozialen Fortschritt dar: Mit der Einführung sozialer Bürgerrechte und Sicherungsleistungen wurde den Bürgern ein Anspruch auf ein Mindestmaß an sozialer Gleichheit und Teilhabe gewährt und so einem krassen Pauperismus entgegengewirkt. Als eine Vermittlungsinstanz zwischen Demokratie und Kapitalismus trägt der Sozialstaat damit sowohl zur sozialen Integration in die Gesellschaft als auch zum funktionsfähigen Zusammenwirken der verschiedenen Gesellschaftsbereiche bei.

Nun befindet sich der Sozialstaat schon länger in einer Krise, die nicht zuletzt auch von einer von links geäußerten Kritik gegenüber ihm mitgetragen wurde. Dies erklärt sich unter anderem dadurch, dass viele der Errungenschaften, die das wohlfahrtsstaatliche Arrangement bot, aufs Engste mit negativen Folgen verbunden waren. So etwa gehörten zur sozialen Sicherung und Integration immer schon Mechanismen der sozialen Kontrolle, Normierung, Standardisierung und des Ausschlusses von bestimmten Teilen der Bevölkerung. Hinzu treten neue Herausforderungen im Zuge einer neoliberalen Umgestaltung und globalisierten Welt, die die normative Institution des Sozialstaats in ihrer Geltung aushöhlen und infrage stellen. Gewachsene Problemlagen und sozialstaatliche Lösungsangebote geraten so immer mehr in ein Missverhältnis, das die Frage nahelegt, ob es sich bei dem Sozialstaat um ein historisch ‚überlebtes‘ Gebilde handelt oder nicht doch die Notwendigkeit besteht, diesen – und seine emanzipatorischen Aspekte – zu verteidigen und dabei neu zu denken.